Schutzschirmverfahren des Weltbild-Verlages endet. Wie geht es für die betroffenen Arbeitnehmer weiter?

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.

Am 30.4.2014 endet das Schutzschirmverfahren für den Weltbild-Verlag. Das bedeutet, dass dann auch die bislang von der Bundesagentur für Arbeit geleisteten Insolvenzgeldzahlungen an die Arbeitnehmer eingestellt werden. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge ist immer noch keine endgültige Entscheidung über den Verkauf der einzelnen Filialen gefallen. Es soll aber demnächst einen Sozialplan und wohl auch eine Transfergesellschaft geben.

Für die Arbeitnehmer des Weltbildkonzerns ist die derzeitige Situation weiterhin äußerst unübersichtlich. Ab dem 1.5.2014 erhalten Sie wieder Arbeitsentgelt, soweit das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht.

Arbeitnehmer sollten weiterhin Ruhe bewahren. Anders als bei vielen Insolvenzen in der Vergangenheit scheint hier noch eine gewisse Bandbreite an Optionen möglich. Vor voreiligen Entscheidungen, insbesondere vor panikartig geschlossenen Aufhebungsvereinbarungen ist daher dringend zu warnen. Das gilt auch für Angebote zum Wechsel in eine Transfergesellschaft. Auch hier muss genau abgewogen werden, ob dadurch nicht auf Ansprüche verzichtet wird. Gerade bei der derzeit recht entspannten Arbeitsmarktsituation ist es häufig wenig sinnvoll in einer Transfergesellschaft „herum zu dümpeln“. Regelungen in Sozialplänen, wonach ein Teil der Abfindung oder eine Turboprämie nur bei Klageverzicht bezahlt werden, sind nicht immer wirksam. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass im Prozess jedenfalls diese Beträge immer noch auf die Abfindung oben aufgelegt werden, regelmäßig aber auch höhere.

Mangels hinreichend konkreter Information, wie es weitergeht, stelle ich nachfolgend die in solchen Situationen grundsätzlich für Arbeitnehmer interessanten Fragen dar.

1. Arbeitsverhältnisse bestehen trotz Insolvenz weiter

Arbeitsverträge enden nicht automatisch mit der Insolvenz des Arbeitgebers. Solange der Insolvenzverwalter nicht kündigt, besteht insofern kein Handlungsbedarf für Arbeitnehmer.

2. Arbeitsverhältnis endet auch nicht mit dem Ende der Insolvenzzahlung durch die Bundesagentur für Arbeit

Entgegen einigen missverständlichen Äußerungen in der Presse: Arbeitnehmer des Weltbild-Konzerns, denen nicht gekündigt wurde, stehen keinesfalls am 1.5.2014 „auf der Straße“. Die Arbeitsverhältnisse bestehen weiter, das Arbeitsentgelt muss wieder gezahlt werden.

3. Kündigungen durch den Insolvenzverwalter mit kürzerer Frist

Der Insolvenzverwalter hat allerdings die Möglichkeit die Beschäftigungsverhältnisse mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende ordentlich zu kündigen (§ 113 InsO). Arbeitnehmer können sich auf die ansonsten gültigen Kündigungsfristen aus Gesetz, Tarif- oder Arbeitsvertrag nicht mehr berufen.

4. Insolvenzverwalter muss Kündigungsschutzgesetz beachten

Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes muss der Insolvenzverwalter dieses grundsätzlich auch beachten. Gerade wenn keine Betriebsstilllegung stattfindet, ist eine Kündigung daher regelmäßig nicht so einfach. Hier ergeben sich viele Ansatzmöglichkeiten für die betroffenen Arbeitnehmer. So benötigt der Insolvenzverwalter im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes einen Kündigungsgrund. Das insoweit notwendige dringende betriebliche Erfordernis für die Kündigung der gesamten Belegschaft ist sicher gegeben, wenn der Insolvenzverwalter den Betrieb komplett schließen will.

Ganz anders ist dies aber, wenn nur Teile der Belegschaft gekündigt werden und andere Arbeitnehmer vorübergehend oder dauerhaft weiter beschäftigt werden sollen. Hier ist auch eine Sozialauswahl durchzuführen. Dabei können viele Fehler passieren.

5. Auch bei Kündigung durch den Insolvenzverwalter Kündigungsschutzklage einreichen!

Arbeitnehmer die vom Insolvenzverwalter eine Kündigung erhalten, sollten unbedingt innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Wird die Frist versäumt, ist die Chance einer Abfindung vertan. Allenfalls wenn der Betrieb wirklich vollständig stillgelegt wird, was ich mir im vorliegenden Fall nicht vorstellen kann, könnte eine Kündigungsschutzklage aus Kostengesichtspunkten überlegenswert sein. Wer eine Rechtschutzversicherung hat, sollte immer Kündigungsschutzklage einreichen.

6. Verhalten bei Veräußerung des Betriebes

Ist eine Veräußerung des Betriebes geplant, bzw. wird darüber konkret verhandelt, kommt allenfalls die Kündigung der für die Weiterführung nicht benötigten Arbeitnehmer in Betracht. Auch hier muss der Insolvenzverwalter bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer die Grundsätze der sozialen Auswahl beachten. Hier gilt nichts anderes, als bei der Kündigung durch den Arbeitgeber selbst.

Aber auch wenn keine Kündigung geplant ist, sollten die betroffenen Arbeitnehmer das Verfahren genau überprüfen. Regelmäßig geht mit einer Teilveräußerung des Betriebes ein Betriebsübergang einher. Hier muss genau überlegt werden, ob dem Betriebsübergang widersprochen wird.

7. Widerspruch bei Betriebs(-teil)übergang genau prüfen

Strategisch kann dies sinnvoll sein, etwa wenn im ursprünglichen Betrieb die Aussichten einer weiteren Beschäftigung besser sind, als in dem übernehmenden Betrieb. Es kann aber auch tödlich sein, z.B. wenn im verbleibenden Betrieb keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr bestehen. Ein Arbeitnehmer der hier widerspricht, riskiert dann eine betriebsbedingte Kündigung gegen die im Falle einer Betriebsstilllegung nicht mehr allzu viel zu unternehmen ist. Die Entscheidung muss häufig sehr kurzfristig getroffen werden. Nach einer (vollständigen) Unterrichtung über den Betriebsübergang hat der Arbeitnehmer nur einen Monat für seine Entscheidung Zeit. Zu diesem Zeitpunkt sind die Informationen oft nur unzureichend vorhanden, um eine überlegte Entscheidung treffen zu können. Manchmal kann eine Entscheidung später noch korrigiert werden, wenn der Arbeitnehmer nicht vollständig unterrichtet wurde. Die Arbeitsgerichte stellen hier aber hohe Anforderungen.

Aktuelles Fazit für die betroffenen Arbeitnehmer von Weltbild:

Zum derzeitigen Zeitpunkt gilt es vor allem, Ruhe zu bewahren. Gehandelt werden muss jedenfalls in folgenden Situationen:

1.Sie erhalten eine Kündigung.
2.Sie erhalten nicht ihr vollständiges Arbeitsentgelt.
3.Sie erhalten eine Unterrichtung über einen Betriebsübergang.
4.Ihr Arbeitsverhältnis geht auf einen anderen Betrieb über.
5.Ihre Arbeitsbedingungen sollen sich ändern.

24.4.2014

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

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