Offener Brief an Steinmeier zur Deutschen Afrika-Politik

Das Bundesnetzwerk TANG – The African Network of Germany fordert die Bundesregierung auf, sich beim EU Afrika-Gipfel in Brüssel für die Belange der afrikanischen Staaten im Rahmen der EU-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) stark zu machen.

Offener Brief vom Bundesnetzwerk TANG an Bundesminister Steinmeier
Sehr geehrter Herr Bundesminister Steinmeier,
mit großem Interesse haben wir zur Kenntnis genommen, dass Ihr Ministerium fünf weitere Ministerien der Bundesregierung zu einem Afrika-Gipfel eingeladen hatte. Auch wenn dieser Gipfel aufgrund Ihrer unerwarteten Reise in die Ukraine abgesagt werden musste, begrüßen wir diese Initiative, weil sie aus unserer Perspektive das Potential hat, die Notwendigkeit einer kohärenteren Gestaltung der Afrika-Politik Deutschlands zu unterstreichen.
Wir, das Bundesnetzwerk „The African Network of Germany“ TANG, wollen diese Gelegenheit zum Anlass nehmen, um auf einen Themenbereich aufmerksam zu machen, der für die deutsch-, bzw. europäisch-afrikanischen Beziehungen von zentraler Bedeutung ist und deswegen in der afrikanischen Community in Deutschland in letzter Zeit die Diskussionen mitprägt.
Es handelt sich um die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs), die zurzeit zwischen der EU und den Ländern Afrikas, der Karibik und des pazifischen Raumes AKP verhandelt werden. Nach 10 Jahren befinden sich die EPAs-Verhandlungen auf dem Scheideweg. Auf technischer Ebene wurden alle erdenklichen Argumente für und gegen die EPAs ausgetauscht. Der von der EU-Kommission Ende 2012 verabschiedete Beschluss, dem zufolge den Ländern, die bis zum 1. Oktober 2014 kein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ratifizieren, der präferentielle Marktzugang im Rahmen der Marktzugangsverordnung zur EU entzogen wird, hat einen unnötigen Druck erzeugt. Da diese Fristfestlegung einseitig war, hat sie besonders in Afrika viel Frustration hervorgerufen und Erinnerungen an Machtverhältnisse aus einer nicht ruhmreichen Zeit geweckt. Wir fordern deswegen die Bundesregierung auf, ihren Einfluss bei der EU geltend zu machen, um die einseitige Frist aufzuheben und den Verhandlungen mehr Zeit zu geben. Wichtig in diesem Zusammenhang ist aus unserer Sicht, dass die EU mehr Flexibilität in den Verhandlungen zeigt und die Bedenken der afrikanischen EPA-Regionen ernst nimmt.
Wenn die Bundesregierung zu einer kohärenten Afrika-Politik beitragen will, kann sie die Bedenken der afrikanischen Länder und vieler unabhängiger ExpertInnen auch aus Europa nicht ignorieren. Sie sollte berücksichtigen, dass die EPAs unter anderem zur Erosion der staatlichen Einnahmen, zur Zerstörung der Lebensgrundlagen der kleinen Produzenten, der jungen Industrie und der regionalen Integrationsprozesse führen werden. Im Sinne einer widerspruchsfreien Afrika-Politik müssen diese strittigen Themen und viele andere, die in den letzten Jahren diskutiert worden sind, gewürdigt werden und in die Entscheidungsfindung mit einfließen. Es ist im Interesse der EU, eine nachhaltige und breit getragene Einigung mit den afrikanischen EPA-Regionen zu erzielen, anstatt sich auf de facto erzwungene Abkommen einzulassen. Diese könnten in Frage gestellt werden, sobald sich in den führenden Ländern der jeweiligen Regionen die politischen Kräfteverhältnisse verändern.
Zum Schluss ist es uns ein Bedürfnis zu erwähnen, dass die afrikanische Diaspora in Deutschland über bewährte Expertise rund um die für ein Afrika-Konzept der Bundesrepublik Deutschland relevanten Themen verfügt. Sie ist deshalb aufgeschlossen für Partizipationsmöglichkeiten, um auf diese Weise sowohl ihre fachlichen Kompetenzen als auch ihre Kenntnisse über deutsche und afrikanische Zusammenhänge einbringen zu können. Das Bundesnetzwerk The African Network of Germany -TANG hat eine breit angelegte Vernetzung und Koordination der Aktivitäten der afrikanischen Community in Deutschland in Gang gesetzt und steht gerne bereit, um einen derartigen Prozess der Beteiligung der afrikanischen Diaspora an der Gestaltung von Konzepten der Bundesregierung zu Afrika zu begleiten.
Über die Möglichkeit eines persönlichen Gesprächs, in dem wir unsere Position näher zu erläutern wüssten, würden wir uns sehr freuen.

Dr. Sylvie Nantcha Dr. Boniface Mabanza
Koordinatorin des Bundesnetzwerkes TANG Sprecher der AG des Bundesnetzwerks TANG
The African Network of Germany „Afrika-Politik neu denken“

Eine Kopie des Briefes geht an:
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bundesminister Gerd Müller, BMZ
Bundesminister Sigmar Gabriel, BMWE
Bundesministerin Ursula von der Leyen, BMV
G8 Afrika-Beauftragter der Bundeskanzlerin Günther Nooke
Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer, AA
Frank Heinrich , Bundestagsabgeordneter – Afrika
Bundespräsident Joachim Gauck
Bildquelle: 

Bundesnetzwerk der in Deutschland lebenden Menschen mit afrikanischer Herkunft

Bundesnetzwerk TANG- The African Network of Germany
Sylvie Nantcha
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