„Missstände sind eher die Regel als die Ausnahme“

Bundesinitiative Daheim statt Heim fordert ehrliche Diskussion über Zustände in Pflegeheimen

‚Korruption und Betrug‘, so überschrieb die Welt am Sonntag ihren ‚großen Altenheim-Report‘. Tenor: Extremes Gewinnstreben von Betreibern führt zwangsläufig zur schlechten Behandlung von Bewohnern. Dazu Silvia Schmidt, Vorsitzende von Daheim statt Heim: „Vieles, was die WamS hier beschreibt, ist eher die Regel als die Ausnahme. Der Fehler liegt im System. Es wird höchste Zeit, dass wir alle uns dieser Diskussion stellen.“

Die WamS hatte vor allem einen internen Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zitiert, der schreckliche Missstände in einem Frankfurter Heim der Unternehmensgruppe Casa Reha festgestellt hatte. Dort sollen bettlägrige Patienten stundenlang in ihren Ausscheidungen liegengelassen worden sein, es ist von unterernährten Bewohnern und unversorgten Operationswunden die Rede. „Alles zahlende Kunden des Heims“, schreibt die WamS dazu. Nachdem im März 2010 Polizei und Staatsanwaltschaft die Büros des Heims durchsucht und viel Material beschlagnahmt hatten, verhängte die staatliche Heimaufsicht als Reaktion auf die Missstände einen Aufnahmestopp für neue Bewohner. Geschlossen wurde das Heim nicht.
Obwohl natürlich nicht in allen Heimen solche Missstände herrschen, hat die Welt am Sonntag den Fall genutzt, um sich ausführlich mit dem „System Pflegeheim“ zu beschäftigen. Dabei rücken drei Aspekte in den Vordergrund, die sonst in der öffentlichen Diskussion oft vergessen werden.
Erstens: In Heimen weniger Fachkräfte zu beschäftigen als gesetzlich vorgeschrieben, ist normal und wird von Kassen und Aufsichtsbehörden wenn überhaupt nur sehr mild geahndet.
Zweitens: Möglichst hohe Gewinne lassen sich nur erwirtschaften, wenn der Heimbetreiber beim Personal spart. Kein günstiger Großeinkauf, keine zentrale IT-Abteilung bringt so viel zusätzliche Rendite wie zu wenig oder besonders billiges Personal.
Drittens: Heime, die mit wenig Geld auskommen, sind den Kassen willkommen, wahrscheinlich drücken deren Kontrollbehörden deshalb oft bei Missständen ein Auge zu. Statt diese konsequent abzustellen, nutzen die Kostenträger Billigheime bei den Verhandlungen, um Druck auf teurere Anbieter zu machen. Tenor: „Die schaffen das doch auch mit weniger Geld, warum gelingt Euch das denn nicht?“
Für Silvia Schmidt, Vorsitzende der Bundesinitiative Daheim statt Heim, kommen die Enthüllungen nicht überraschend. Sie fordert, dass Politik und Öffentlichkeit endlich die Realität zur Kenntnis nehmen und die Konsequenzen ziehen. „Heime mit gravierenden Missständen sollten sofort geschlossen werden. Alles andere ist unverantwortlich. Auch müssen wir uns fragen, wie Gesellschaft insgesamt mit älteren Menschen umgeht. Die Wahrheit ist: Qualität in der Pflege kostet Geld, kostet höhere Beiträge. Und gut ausgebildete, motivierte Pflegekräfte kosten ebenfalls Geld. Wenn wir bei der Versorgung alter Menschen weiter auf möglichst billig und möglichst viel Rendite setzen, dann ändert sich an dem Elend in vielen Heimen nie etwas. Die Diskussion darum müssen wir offensiv führen.“
Die Bundesinitiative Daheim statt Heim wurde am 1. Dezember 2006 in Berlin von der Bundestagsabgeordneten Silvia Schmidt gemeinsam mit Wissenschaftlern, Pflegeexperten, Fachjournalisten, Politikern, Selbsthilfeorganisationen und anderen gegründet. Durch die wachsende Unterstützung ist die Initiative schnell zu einer breiten gesellschaftlichen Bewegung geworden. Als Anwalt älterer, behinderter und pflegebedürftiger Menschen kämpft sie für das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden.

Bundesinitiative Daheim statt Heim
Christoph Lixenfeld
Klarenbachstr. 9
10553 Berlin
0151-55506408

http://www.bi-daheim.de
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