Mietpreisbremse: Gesetzesentwurf liegt vor – mögliche Probleme in der Praxis

Die Zielrichtung ist fraglich, die Umsetzung öffnet Umgehungsversuchen Tür und Tor. Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Berlin und Essen.

Der Gesetzesentwurf für die Einführung der so genannten „Mietpreisbremse“ liegt nun vor. Was ist konkret geplant? Wie sind die Änderungen aus Anwaltssicht zu bewerten? Welche Auswirkungen auf den Markt insgesamt sind zu erwarten? Wie geht man am besten mit entstehenden Rechtsfragen im Alltag um? Damit beschäftigt sich der nachfolgende Artikel.

Vorbemerkung zu möglichen Problemen einer Mietpreisbremse:

Ich habe den Mietmarkt in Deutschland bisher immer so verstanden: Mieten steigen aufgrund erhöhter Nachfrage. Damit wird der Bau neuer Wohnungen interessanter. Das Interesse kann der Staat dadurch verstärken, dass er zusätzliche Förderprogramme auferlegt (zum Beispiel durch verbilligte Kredite oder sonstige finanzielle Anreize an Bauherren). Es kommt zu einer vermehrten Bautätigkeit und zu einem Überangebot an Wohnraum. Die Mieten fallen.
Nun greift der Staat zu einer anderen Methode. Die Erhöhung der Mieten wird auch bei Neuvermietung begrenzt. Trotz steigender Nachfrage wird also diesmal nicht das Interesse am Bau neuer Wohnungen gefördert, sondern begrenzt. Es besteht die Gefahr, dass der Markt jedenfalls so wie er bisher funktionierte, künftig nicht mehr funktioniert. Angesichts der derzeit geplanten Regelungen muss man nicht dramatisieren. Allerdings ist ein Tor geöffnet und es bleibt unklar, wer dieses wieder schließen wird.
Gerade in Berlin beobachte ich folgendes: Wohnungen werden als Investitionen oder Altersvorsorge gekauft, aber gar nicht mehr vermietet. Sie werden von den Käufern selbst genutzt, teilweise aber auch unvermietet belassen. Auch dieser Tendenz kann durch eine Mietpreisbremse nicht wirksam begegnet werden. Das Ganze ist also sicher gut gemeint und auch auf ein tatsächlich bestehendes Problem gerichtet. Die Wirksamkeit des Instrumentes scheint allerdings bereits im Grundsatz fraglich. Die konkret in der Umsetzung zu erwartenden Probleme schildere ich nachfolgend:

Mietpreisbegrenzung auch bei Neuvermietung:

Entscheidender Punkt der so genannten Mietpreisbremse ist die vorgesehene Möglichkeit, die Erhöhung von Mieten nicht nur wie bisher im bestehenden Mietverhältnis, sondern auch bei einer Neuvermietung zu begrenzen. Bisher war der Vermieter bei der Neuvermietung von Wohnraum bis zur Grenze des Mietwuchers frei bei der Bestimmung der Höhe der Miete. Soweit das Angebot nicht extrem knapp war, war eine Miete, die in den Bereich des Mietwuchers kam, am Markt gar nicht durchsetzbar.
Nunmehr wird in bestimmten Teilmärkten, nämlich dort wo ein so genannter „angespannter Wohnungsmarkt“ besteht vom Gesetzgeber den einzelnen Bundesländern die Möglichkeit eröffnet, durch Rechtsverordnung für jeweils höchstens fünf Jahre Gebiete auszuweisen, in denen dann auch bei Neuvermietung die zulässige Miete der Höhe nach beschränkt wird.

Höhe der Mietpreisbegrenzung:

Derzeit ist geplant, die zulässige Miete bei Neuvermietung auf 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete (Mietspiegel) zu begrenzen. Beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete 10 Euro pro Quadratmeter dürfen also 11 Euro pro Quadratmeter verlangt werden.

Schlupflöcher für Vermieter:

Für Vermieter sind einige Schlupflöcher geplant. Das betrifft vor allem den Umstand, dass geplant ist, dass der Vermieter immer mindestens die zuletzt vereinbarte Miete verlangen darf. Das gilt sogar dann, wenn diese mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Daneben dürfen auch Modernisierungen vor einer Wiedervermietung bei der Preisbildung berücksichtigt werden. Der Missbrauch ist hier quasi indiziert. Die in der Presse bisher aufgezeigten Umgehungsmöglichkeiten durch höhere Abstandszahlungen und möblierte Vermietungen sind dagegen vergleichsweise haben. Ich zeige das Schlupfloch Zwischenvermietung nachfolgend an einem einfachen Rechenbeispiel.

Beispiel: Schlupfloch höherer Ausgangsmietzins wegen höheren früheren Mietzinses:

Vermieter V hatte einen Mietvertrag mit Mieter M1. Der Mietpreis betrug 8 Euro. Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt 9 Euro. Will der Vermieter V nunmehr an Mieter M2 vermieten, dürfte er maximal 9,90 Euro Miete verlangen (9 Euro zzgl. 10 %). Vermietet Vermieter V nun aber zunächst die Wohnung an seinen Bekannten Mieter M3 zum Preis von 14 Euro und endet dieses Mietverhältnis nach einem halben Jahr kann Vermieter V an Mieter M2 nunmehr für 14 Euro pro Quadratmeter vermieten. Freunde der gesetzlichen Neuregelung werden einwenden, dass dies eine unzulässige Umgehung sei und die Vereinbarung daher unwirksam. Das ist natürlich richtig. Aber wer kann das in der Praxis beweisen? Das Problem wäre durch Einführung einer Stichtagsregelung zu umgehen: Maximal 10 % über der am 1.4.2014 geltenden Miete.

Zu erwartende Praxisprobleme:

Neben den Missbrauchsmöglichkeiten lassen auch die Möglichkeiten in der Praxis, Verstößen zu begegnen, an der Wirksamkeit des Instrumentes zweifeln. Dafür folgendes Beispiel. Vermieter V vermietet an Mieter M zum Preis von 10 Euro, obwohl die ortsübliche Vergleichsmiete nur 6 Euro und die frühere Mieter nur 5 Euro betrug. Die zulässige Miete wäre daher nur 6,60 Euro. Weigert sich der Mieter M den Mietvertrag abzuschließen, wird Vermieter V anderweitig vermieten. Mieter M muss also zunächst den Vertrag abschließen. Nun schuldet er tatsächlich nur 6,60 Euro Miete. Das Problem: Zahlt er nur die tatsächlich geschuldete Miete, riskiert er eine Kündigung wegen Zahlungsverzug. Wenn dann später ein Gericht zu einer anderen Bewertung der tatsächlich geschuldeten Miete gelangt, verliert der Mieter seiner Wohnung. Was kann er tun?

Zahlung der überhöhten Miete unter Vorbehalt und anschließende Rückforderung:

Einzige sichere Möglichkeit für den Mieter ist es daher, ähnlich wie bei der Mietminderung bei Mängeln zunächst die volle Miete unter Vorbehalt zu zahlen und dann den überhöhten Betrag zurückzufordern. Der Vermieter wird kaum freiwillig leisten. Das bedeutet, der Mieter muss den Vermieter im Zweifel bereits zu Anfang des Mietverhältnisses verklagen. Viele Mieter werden das vermeiden wollen. Die Folge: die höhere Miete bleibt bestehen und wir haben den gleichen Zustand, als gäbe es keine Mietpreisbremse. Der Anspruch auf Rückzahlung der überhöhten Miete verjährt nach drei Jahren. Unklar ist derzeit noch, ob auch die Vereinbarung der überhöhten Miete noch nach Ablauf von drei Jahren wirksam angegriffen werden kann.

Fazit:

Der Ansatz des Gesetzgebers ist völlig in Ordnung. Gerade die steigenden Mieten bei Neuvermietung treiben auch den Mietspiegel und damit die Mieten im Bestand nach oben. Das Instrument Mietpreisbremse in der derzeitigen Form ist ein weitgehend stumpfes Schwert. Die letzte Schärfe wird ihm von der Praxis genommen werden.

24.4.2014

Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen

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