Kinder brauchen für Aufwachsen mehr als materielle Ressourcen

Heute erste Sitzung des Beirats zum ersten Armuts- und Reichtumsberichts für Baden-Württemberg

Stuttgart, 30. April – Ausdrücklich begrüßt die Caritas Rottenburg-Stuttgart den Armutsreport der Landesregierung: Die vorgelegte Bestandsaufnahme der Einkommens- und Armutsverläufe von Familien im Land sei ein zentraler erster Schritt, um dem zunehmenden Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich entgegenwirken zu können. Laut Report leben 15 Prozent der Familien in einer armutsgefährdeten Situation. Die Armutsgefährdung von Familien in Baden-Württemberg ist demnach zwar überwiegend von kurzer Dauer, fünf Prozent der Familien sind jedoch langfristig armutsgefährdet. Damit ist die landläufige Meinung, in Baden-Württemberg gebe es keine Armut, widerlegt. Gerade in diesem reichen Bundesland sei es, so die Caritas, eine Herausforderung, mit wenig Geld zu leben.

Heute trifft sich erstmals der Beirat, der am ersten Armuts- und Reichtumsbericht mitarbeiten soll. Der katholische Wohlfahrtsverband begrüßt den Rückschluss der Sozialministerin, dass es nicht allein ausreicht, das Einkommen als Bezugsgröße für Armut zugrunde zu legen. „Die Einkommensarmut berücksichtigt weder regionale Unterschiede in den Lebenshaltungskosten noch erfasst sie, inwiefern Bildung, soziale Netze oder das Wohnumfeld die jeweilige Armutslage mildern oder verschärfen“, erklärt Herbert Jansen, Leiter des Kompetenzzentrums Sozialpolitik.

Um ein Kind in seiner Entwicklung zu begleiten, seien sowohl materielle wie auch immaterielle Ressourcen notwendig. Neben einem gesicherten Einkommen brauchten Kinder die Möglichkeit, sich körperlich gesund zu entwickeln und Freundschaften zu knüpfen. Sie brauchten soziale Netzwerke, Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und angemessene Wohnverhältnisse. Dies schaffe ein gutes Selbstwertgefühl und gute Ausgangsbedingungen für die Gestaltung des eigenen Lebens. Wie die Caritas-Kinderarmutssudie „Die Menschen hinter den Zahlen – Arme Kinder und ihre Familien in Baden-Württemberg“ zeige, müssten diese Ressourcen zunächst vor allem die Familien ihren Kindern bereitstellen. „Wenn die Eltern aber isoliert leben und sich dann in der Öffentlichkeit schämen, ist davon auszugehen: Der Mangel an Verwirklichungschancen der Familie wirkt sich als Mangel an Entwicklungschancen beim Kind aus“, so Jansen.

Der Caritasverband Rottenburg-Stuttgart sieht es als Aufgabe der Politik an, den Ausbau der Kitas und Ganztagsschulen voranzutreiben und flexible Arbeitsbedingungen für Familien von Unternehmen einzufordern. Frühe Hilfen und Familienzentren können die Familien darüber hinaus unterstützen. Gerne ist die Caritas Rottenburg-Stuttgart bereit, als Partner des Landes ihren Beitrag einzubringen. „Dort, wo es den Familien gelingt, ihr Leben aktiv selbst zu gestalten, kann die Spirale der Exklusion nicht einsetzen“, so Jansen.

Als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche vertritt die Caritas in der Diözese Rottenburg-Stuttgart über 1.700 Einrichtungen mit rund 82.000 Plätzen in unterschiedlichen Hilfefeldern, in denen 31.500 Mitarbeiter/innen und 33.000 Ehrenamtliche tätig sind.

Diözesancaritasverband Rottenburg-Stuttgart
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