Umfrage: Mittelstand skeptisch gegenüber Koalitionsvertrag

Stuttgart. Mit einer Schulnote von 3,7 benoten Mittelständler den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. Könnten sie entscheiden, würden rund 55 Prozent der vom Bund der Selbständigen Baden-Württemberg (BDS) befragten 585 Unternehmer den Koalitionsvertrag ablehnen.

Umfrage: Mittelstand skeptisch gegenüber Koalitionsvertrag

Selbstständige würden Koalitionsvertrag ablehnen

Enttäuscht sind die Unternehmer vor allem über die Steuerpolitik. Zwar begrüßen sie die Tatsache, dass weder die Erhöhung des Spitzensteuersatzes noch die Einführung einer Vermögenssteuer vereinbart wurde. In der Realität sehen sie sich aber mit schleichenden Steuererhöhungen durch den fehlenden Abbau der kalten Progression konfrontiert. Auch die Kernforderung des Mittelstandes nach Steuervereinfachung bleibt außen vor. Entsprechend finden rund 49 Prozent die steuerpolitischen Pläne eher schlecht, während nur 43 Prozent die Steuerpolitik eher gut bewertet. Acht Prozent können dazu keine Einschätzung abgeben.

Auch die Vereinbarungen zum Mindestlohn lehnt eine Mehrheit der befragten Mittelständler ab. Während rund 43 Prozent die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro eher begrüßen, sind rund 52 Prozent der Befragten der Meinung, dass dieser eher schadet. „Ökonomisch wäre ein Einstieg mit regionaler Differenzierung für Mittelstand und viele Arbeitnehmer sinnvoller gewesen. So wird das sicher einige Arbeitsplätze kosten“, erwartet Verbandspräsident Günther Hieber.

Die Mittelständler sehen aber auch positive Ansätze im Koalitionsvertrag. So bewertet eine deutliche Mehrheit von jeweils fast 60 Prozent die geplante Haushaltkonsolidierung und den weiteren Umgang mit der Euro-Krise (Transaktionssteuer, keine Eurobonds) eher gut. Auch die geplanten Reformen in der Energiepolitik finden rund 58 Prozent den richtigen Ansatz.
In der Sozialpolitik begrüßen die Selbstständigen mehrheitlich die Verbesserungen bei der Rente (Abschlagsfreie Rente ab 63 bei 45 Beitragsjahren, Erwerbsminderungs- und Mütterrente) obwohl diese beitragsfinanziert werden sollen. Froh sind die Selbstständigen auch darüber, dass sich in der Gesundheitspolitik die SPD mit ihrem Modell der Bürgerversicherung nicht durchsetzen konnte. Auch die konkreten Vorhaben wie eine mittelstandsfreundliche Ausgestaltung der Erbschaftssteuer und die Erhaltung des Meisterbriefs begrüßen die Unternehmer.

Unterm Strich ist das Fazit der befragten Mittelständler jedoch unbefriedigend. Nur 16 Prozent der befragten Selbstständigen sind der Meinung, dass sich die neue Bundesregierung insgesamt um die mittelstandspolitischen Anliegen kümmert.
„Über die Mittelstandspolitik selbst steht im Koalitionsvertrag nicht viel mehr als Allgemeinplätze wie die Verbesserung der Rahmenbedingungen drin“, analysiert Hieber. „Die Mittelständler haben aber das Gefühl, dass ihre eigenen Anliegen im Koalitionsvertrag und bei der voraussichtlich neuen Bundesregierung nicht angemessen vertreten werden.“

Wichtiger noch als die Anliegen des Mittelstands ist die Gesamtbewertung des Koalitionsvertrages. Fast 70 Prozent der vom Bund der Selbständigen befragten Unternehmer glaubt nicht, dass die große Koalition die wesentlichen Herausforderungen der Zukunft überhaupt anpackt.
„Bei vielen Selbstständigen überwiegt das Gefühl, dass mehr verteilt und der Status Quo verwaltet wird, als dass das Land weiter für die Zukunft fit gemacht wird“, so Hieber. „Wer sich aber in guten Zeiten darauf ausruht, gut zu sein, der braucht sich nicht wundern, wenn uns der Wind bald wieder ins Gesicht weht.“
Entsprechend sind die Schulnoten, die die Unternehmen dem Regierungsprogramm geben mit 3,7 eher ausreichend.

Sollten die SPD-Mitglieder den Koalitionsvertrag wider erwarten ablehnen, dann befürwortet die große Mehrheit (58 Prozent) der Unternehmer Neuwahlen mit der Chance, mit neuen Machtverhältnissen eine zukunftsfestere Politik hinzubekommen. Dass 28 Prozent sich im Fall der Fälle für eine schwarz-grüne Koalition aussprechen zeigt jedoch auch, wie offen viele Unternehmer inzwischen gegenüber der grünen Partei geworden sind.

Davon geht man beim BDS aber derzeit nicht aus. Wenn die große Koalition zustande kommt, dann traut eine Mehrheit der befragten Selbstständigen ihr auch zu, dass sie die volle Legislaturperiode regiert.

Ausführliche Ergebnisse der Umfrage…

Der Bund der Selbständigen ist der Dachverband der Handels- und Gewerbevereine in Baden-Württemberg. Unser Ziel ist es, die berufspolitischen Interessen des selbständigen Mittelstandes vor Ort, in der Region sowie auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene durchsetzen.

Rund 15.000 Unternehmerinnen und Unternehmer, angefangen vom Freiberufler über den kleineren Betrieb bis hin zum größeren Unternehmen – egal ob aus traditionellen Handels- und Handwerksbranchen oder dem IT- oder Sensorik-, oder Hightech-Umfeld – alle vereinen sich unter dem Dach des Bundes der Selbständigen.

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