Nur jeder fünfte Rechtsanwalt wünscht zertifizierte Spezialisierungen als Alternative zum Fachanwaltstitel

Köln, den 5.12.2011 – Die Rechtsanwälte lehnen mit einer Mehrheit von 80 % die Einführung sog. zertifizierter Spezialisierungen als Alternative zu den Fachanwaltstiteln ab. Über die Ergebnisse einer entsprechenden Studie berichtete der Direktor des Soldan Instituts, Matthias Kilian, heute auf einer Fachtagung in Köln, die das Institut für Anwaltsrecht gemeinsam mit dem Anwaltsblatt veranstaltet hat.

Seit längerem diskutiert die Anwaltschaft kontrovers über die Frage, ob es neben dem Fachanwaltstitel und selbst benannten Tätigkeitsschwerpunkten eine weitere Form des Spezialisierungshinweises geben sollte, der mehr als eine bloße Selbsteinschätzung bietet und doch weniger schwierig zu erwerben ist als ein Fachanwaltstitel. Diese auch unter den Schlagworten „Kleine Fachanwaltschaften“ oder „Junior-Fachanwalt“ geführte Diskussion hat sich intensiviert, seitdem ein gewerblicher Anbieter für ausgewählte Rechtsgebiete werbewirksame Zertifizierungen von Rechtsanwälten vornehmen wollte und von der Rechtsanwaltskammer Köln auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde. Im Rahmen der auf dem Symposion in Köln vorgestellten Ergebnissen der Befragung von mehr als 1.000 Berufsträgern durch das Soldan Institut äußerten sich vier von fünf Rechtsanwälten ablehnend zu Vorschlägen, zertifizierte Spezialisierungen auf Gesetzesebene einzuführen.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, relativierte dieses Ergebnis allerdings: „Aus rechtspolitischer Sicht ist von zentraler Bedeutung, dass sich in der Gruppe der Nicht-Fachanwälte mit nur 46% ablehnenden Stimmen keine Mehrheit für die Erhaltung des Status quo findet. Fachanwälte sind hingegen zu 86 % für die uneingeschränkte Beibehaltung des Systems geprüfter Spezialisierungen ausschließlich über den Erwerb eines Fachanwaltstitels.“

Diese Zahlen deuten darauf hin, dass für eine relativ große Zahl von Nicht-Fachanwälten die Hürden für den Erwerb eines Fachanwaltstitels zu hoch sind oder es an einer ihre Spezialisierung repräsentierenden Fachanwaltschaft fehlt. Kilian wies darauf hin, dass sich in diesem Punkt zunehmende, auf lange Sicht durchaus problematische Friktionen zwischen zwei großen Teilgruppen der Anwaltschaft andeuten.
Über das Soldan Institut
Das Soldan Institut wurde 2002 als unabhängige Forschungseinrichtung gegründet. Ziel des von einem gemeinnützigen Verein getragenen Instituts ist die Erforschung der Strukturentwicklung der Anwaltschaft und der sich hieraus ergebenden Bedingungen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tätigkeit von Anwaltskanzleien. Das Institut betreibt eigene empirische Anwaltsforschung, deren Ergebnisse Rechtsanwälten, Institutionen der deutschen Anwaltschaft, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der gemeinnützige Trägerverein des Instituts wird von der Hans Soldan Stiftung, dem Deutschen Anwaltverein und der Bundesrechtsanwaltskammer unterstützt.

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