IBB: Vortrag über das Aufenthalts- und Bleiberecht von Flüchtlingen

Medizinische Versorgung von Zuwanderern ist häufig ein Streitthema

IBB: Vortrag über das Aufenthalts- und Bleiberecht von Flüchtlingen

Großes Interesse fand der Vortrag zum Aufenthalts- und Bleiberecht. Foto: Mechthild vom Büchel – IBB

Es ist kompliziert. Diesen Eindruck gewannen die rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörer bei der Infoveranstaltung „Aufenthalts- und Bleiberecht für Zugewanderte“, zu der das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk e. V. in Dortmund vor einigen Tagen ins Dietrich-Keuning-Haus eingeladen hatte. Prof. Dr. Christine Graebsch, Expertin für Straf- und Migrationsrecht an der Fachhochschule Dortmund, zeigte Verständnis für die vielen Fragen: „Im Moment ist so viel in Bewegung: Es scheint kaum möglich, da hinterher zu kommen.“

Welchen Aufenthaltsstatus erhalten Zuwanderer in Deutschland? Das kommt darauf an, ob sie zum Beispiel aus einem EU-Mitgliedsland, einem Bürgerkriegsland oder einem so genannten sicheren Herkunftsland stammen. Grundsätzlich könnten Einwanderer schon in ihrer Heimat ein Visum beantragen zum Beispiel für ein Studium. Suchen sie aber Schutz vor politischer Verfolgung, müssen sie ihren Asylantrag in Deutschland stellen. Und: „Ein Asylverfahren hat man nur einmal im Leben“, sagte die Referentin überspitzend besonders mit Blick auf junge Schutzsuchende, bei denen daher gut überlegt sein müsse, ob ein Asylantrag gestellt werde.

Ausländer aus Nicht-EU-Staaten können entweder eine Aufenthaltserlaubnis (befristet), eine Niederlassungserlaubnis (unbefristet), eine Aufenthaltsgestattung (für den Zeitraum des Asylverfahrens), eine Duldung (wenn die Abschiebung ins Heimatland ausgesetzt ist) oder eine Fiktionsbescheinigung (ähnlich Aufenthaltserlaubnis für eine Übergangszeit) erhalten. „Das deutsche Aufenthaltsgesetz dient ausdrücklich der Steuerung des Zuzugs von Ausländern vor dem Hintergrund der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit des Landes, der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen und schließlich auch der Erfüllung humanitärer Verpflichtungen“, sagte die Referentin. Und: Einen Aufenthaltstitel erhält in der Regel nur, wer seinen Lebensunterhalt eigenständig sichert und wenn kein Ausweisungsinteresse vorliegt, zitierte sie den Gesetzestext. Aus vielen Beratungsgesprächen weiß sie, dass die Ermessensspielräume der Ausländerbehörden teilweise zu Härten führen, die einer späteren gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.

„Insgesamt betrachtet werden viele Regelungen aktuell verschärft“, resümierte die Juristin. So könne für Geduldete die zuvor aufgehobene räumliche Beschränkung ab 1. Januar 2016 wieder angeordnet werden, wenn auch nur der Verdacht auf eine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz vorliegt. Und die Abschiebung ins Herkunftsland könne seit dem 1. August 2015 nach einer Ausreisefrist von maximal 30 Tagen unangekündigt vollzogen werden. „Da bleibt kaum Zeit, den Haushalt aufzulösen“, sagte die Referentin. Teilweise werden Abschiebungen aufgeschoben – zum Beispiel mit Rücksicht auf familiäre Bindungen in Deutschland – dann aber trotzdem keine Aufenthaltserlaubnis erteilt. „Die fortwährende Unsicherheit, die Ketten-Duldungen nach sich ziehen, also die wiederholte Verlängerung einer befristeten Duldung, macht die Betroffenen oft regelrecht krank“, berichtete Prof. Graebsch.

Die Gesundheitsversorgung sei in der Regel eng mit dem Aufenthaltsstatus verknüpft. Flüchtlingen im laufenden Asylverfahren und Geduldeten werde grundsätzlich nur medizinische Akut-Hilfe gewährt. Bei chronischen oder psychischen Erkrankungen gebe es in der Praxis immer wieder Streitfälle, sagte die Referentin und empfahl jeweils eine genaue Betrachtung des Einzelfalls.

Die Referentin kritisierte zudem die in der aktuellen politischen Diskussion vorherrschende Zweiteilung in Flüchtlinge mit guter und solche mit schlechter Bleibeperspektive. Sie wies darauf hin, dass die Bleibeperspektive dabei nicht irgendwie gemessen und dann danach gehandelt werde. Vielmehr werde die schlechte Bleibeperspektive für bestimmte Gruppen erst politisch hergestellt, vor allem indem „sichere Herkunftsstaaten“ konstruiert würden.

„Der Wunsch nach einer Basis-Information zum Aufenthalts- und Bleiberecht ist in unserem Inklud:Mi- Netzwerk entstanden, das wir auch nach dem offiziellen Ende des Projekts weiter pflegen werden“, berichtet Hildegard Azimi-Boedecker, Leiterin des Fachbereichs Beruf International und Migration im IBB Dortmund. Nächster Termin ist eine Konferenz in Dortmund am 3. Mai 2016 zur psychosozialen Situation von Zugewanderten und hier besonders von Flüchtlingen.

Weitere Informationen unter www.ibb-d.de.

Grenzen überwinden – das ist der Leitgedanke des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks in Dortmund seit seiner Gründung in 1986. Dabei geht es nicht nur um Ländergrenzen, sondern auch um die Grenzen im eigenen Wissen und Verstehen. In jährlich mehr als 100 Studienfahrten, Trainings und Jugendbegegnungen ist das \“Lernen aus der Vergangenheit für eine gemeinsame Zukunft in Europa\“ zentral. Belarus bildet dabei einen besonderen Schwerpunkt. Das IBB engagiert sich im Europäischen Tschernobyl-Netzwerk (ECN) und veranstaltet seit 1995 regelmäßige Partnerschaftskonferenzen.

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