Europäisches Tschernobyl-Netzwerk tagt in Berlin

Europäisches Tschernobyl-Netzwerk tagt in Berlin

Mit den zweiten Aktionswochen für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima will das Europäische Tschernobyl-Netzwerk im April 2013 die Arbeit am gemeinsamen Ziel – dem Lernen aus der Erinnerung an die Reaktorkatastrophen – fortsetzen. Erstmals werden sich auch Städte in der Türkei beteiligen.

Auf der Partnerschaftstagung „Nachhaltigkeit in Europa gemeinsam stärken“ – organisiert vom IBB Dortmund und der IBB „Johannes Rau“ Minsk – erfuhr die europäische Solidaritätsbewegung eine hohe Wertschätzung: Dr. Angelica Schwall-Düren, Europaministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, hatte die 280 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus zehn Ländern am Freitag, 20. Oktober 2012, in der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen herzlich empfangen: „Das Programm Ihrer Konferenz ist ein wichtiger Baustein dafür, dass die bilateralen Beziehungen und die zivilgesellschaftlichen Begegnungen in Europa gestärkt werden,“ sagte sie. Europa brauche den energiepolitischen Diskurs, der auch Rücksicht nimmt auf regionale Strukturen und Befindlichkeiten.

Unter ihren Zuhörern aus der Ukraine, Belarus, Deutschland, Spanien, Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Österreich, Italien und Tschechien war auch die stellvertretende Außenministerin der Republik Belarus, Elena Kuptschina. Sie bedankte sich – ebenso wie die Vertreter der belarussischen und ukrainischen Botschaften am Abend zuvor für die immense Hilfe die Menschen aus Westeuropa zur Milderung der Tschernobyl-Folgen. Mehr als eine Million Kinder – überwiegend aus Belarus – konnten seit Anfang der 1990er Jahre zu Erholungsaufenthalten nach Westeuropa reisen. Aus den Besuchen sind vielerorts langjährige Beziehungen entstanden und Hilfsprojekte entwickelt worden.

Am Freitag hatte eine Delegation des European Chernobyl Network (ECN) Gelegenheit, im Deutschen Bundestag auf die existenzielle Not der Liquidatoren von Tschernobyl hinzuweisen und die weiterhin dringend notwendige Hilfe für die Menschen in Belarus und in der Ukraine.

Viele Liquidatoren hatten die ersten europaweiten Aktionswochen für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima vom 22. bis 29. April 2012 in 112 Städten in Polen, Spanien, Großbritannien und Deutschland mit Zeitzeugengesprächen unterstützt: „Die manchmal überraschend schwierigen Fragen von Kindern und Erwachsenen haben uns mit Energie aufgeladen“, sagte Igor Pismenskij, der 1986 als Hubschrauberpilot in Tschernobyl im Einsatz war. Die ersten Aktionswochen hatten trotz relativ kurzer Vorbereitungszeit überwältigend große Resonanz gefunden. Für die Planung für die zweiten Aktionswochen erarbeitete die Konferenz erste Ideen.

In einer Podiumsdiskussion in der NRW-Landesvertretung am Freitag und in einer Diskussion mit Matthias Platzeck, Ministerpräsident des Landes Brandenburg, am Sonntag stand die zukünftige Energiepolitik im Mittelpunkt. „Die Länder in Europa haben überraschend unterschiedliche Reaktionen auf die zweite Reaktorkatastrophe von Fukushima gezeigt“, analysierte Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer des IBB Dortmund. So setzen Polen und die Niederlande trotz Fukushima weiterhin auf Atomenergie, Belgien und die Schweiz auf einen langsamen Ausstieg, Italien und Portugal stärken Erneuerbare Energien, Deutschland leitete die Energiewende ein.

„Die Finnen verbrauchen pro Kopf sechsmal so viel Primärenergie wie die Malteser“, skizzierte Dr. Lutz Mez von der FU Berlin teilweise extreme Unterschiede in der Energienutzung in Europa. „Die Energiewende in Deutschland hat eine überraschend große Dynamik entwickelt: So etwas hat es noch nie gegeben, dafür haben wir keine Blaupause“, sagte Werner Jostmeier, CDU-Abgeordneter im nordrhein-westfälischen Landtag.

Partnerorganisationen aus Österreich und Großbritannien berichteten über erfolgreiche Aktivitäten gegen Atomenergie. Das Netzwerk der Tschernobyl-Initiativen will auch den Dialog über die nachhaltige Energiepolitik in Europa im Netzwerk nach Kräften unterstützen. Peter Junge-Wentrup: „Eine nachhaltige Energiepolitik ist uns zu wichtig, als dass wir sie allein der Politik und den Energiekonzernen überlassen wollen.“

Weitere Informationen unter www.ibb-d.de.

Bildtext-Informationen:
Matthias Platzeck (M.), Ministerpräsident des Landes Brandenburg, berichtete am Sonntag, 21. Oktober 2012, auf der Konferenz „Nachhaltigkeit in Europa gemeinsam stärken“ – organisiert vom IBB Dortmund und der IBB „Johannes Rau“ Minsk – über die Energiewende am Beispiel des Landes Brandenburg. Dabei verwies er auf die Vorreiterrolle des Landes. Bereits zweimal sei Brandenburg als bestes Bundesland in punkto Erneuerbare Energien mit dem ´Leitstern´ ausgezeichnet worden. An der Konferenz nahmen auch zehn Liquidatoren teil, die 1986 am Reaktor von Tschernobyl im Einsatz waren. Ihre Zeitzeugenberichte sind ein zentraler Baustein der Erinnerungsarbeit, die mit Blick in die Zukunft helfen soll, die Akzeptanz für die Energiewende zu erhöhen. Unser Foto zeigt (v.l.n.r.): Matthias C. Tümpel, Vorsitzender des IBB Dortmund, Liquidator Iwan Volchanski, Vorsitzender des Liquidatorenverbandes Lugansk, Ministerpräsident Matthias Platzeck, Liquidator Oleg Geraschtschenko und Luba Negatina, Leiterin des IBB Kiew.

Grenzen überwinden: Mit diesem Ziel vor Augen organisiert das IBB seit mehr als 20 Jahren eindrucksvolle Fahrten und internationale Konferenzen. Ein Schwerpunkt sind sehr lebendige Beziehungen zu Belarus. Das IBB ist institutionell und politisch unabhängig, gemeinnützig und erzielt keinen kommerziellen Gewinn.

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