„Die Politik könnte verhindern, dass sich Armut in immer mehr Familien ausbreitet“

Jahresauftakt der Caritas in Baden-Württemberg: Caritas fordert mehr Akzente für Familienfreundlichkeit – 24. Caritas-Journalistenpreis vergeben

Stuttgart, 31. Januar – Eine Familie zu gründen kann heutzutage zum Armutsrisiko werden. Familie und Beruf sind immer noch schwer zu vereinbaren, Familien stehen zunehmend unter Druck. Daher forderte die Caritas in Baden-Württemberg gestern bei ihrem Jahresauftakt unter dem Motto „Familie schaffen wir nur gemeinsam“ im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart mehr Zeit und eine bessere materielle Absicherung für Familien. Familienpolitik müsse zur Querschnittspolitik werden. Alle politischen Entscheidungen seien daran zu messen, ob sie familienverträglich seien.

„Solange familiäre Fürsorge-Arbeit in Erziehung und Pflege weder im Familieneinkommen noch auf dem Rentenbescheid nennbare Spuren hinterlassen, genießt diese Arbeit lediglich in Sonntagsreden höchste gesellschaftliche Anerkennung“, erklärte Caritasdirektor Prälat Wolfgang Tripp (Stuttgart) vor rund 200 Gästen aus Politik, Medien, Kirche und Wissenschaft. Mit der Caritas-Jahreskampagne 2013 verband Tripp die Forderung nach einer solidarischen Politik, die klar zum Ausdruck bringe, dass die Unterstützung von Familien gewollt und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. „Sämtliche politischen Bereiche, von der Steuer- und Rentenpolitik bis hin zur Wohnungs-, Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik – sie alle müssen sich fragen, ob ihre Entscheidungen dem Kriterium der Familienverträglichkeit und Kinderfreundlichkeit stand halten.“

Den Reichen wird gegeben – den Armen wird genommen

Der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge ist überzeugt, dass Armut in dieser reichen Gesellschaft politisch erzeugt wird. „Ohne eine Umkehr in der Familienpolitik werden wir es in Zukunft mit immer mehr armen Müttern und damit armen Kindern zu tun haben.“ Gerade das Elterngeld bringe Gutverdienern ein zusätzliches Einkommen, Hartz-IV-beziehenden Müttern werde es aber auf die Transferleistung angerechnet. „Wird der Reichtum der Reichen nicht angetastet, werden wir die Armut nicht bekämpfen können“, so der Kölner Politologe im Haus der Katholischen Kirche. Für ihn sind ein gesetzlicher Mindestlohn, Ganztagesbetreuung, eine Gemeinschaftsschule und eine armutsfeste Grundsicherung die von der Politik zu setzenden Eckpfeiler, damit nicht noch mehr Familien in Armut abrutschen.

Der Zustand der Familie ist für Caritasdirektor Bernhard Appel (Freiburg) eng verwoben mit der Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft. „Wo Familien mit Kindern keine auskömmlichen Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten mehr haben, verdunkelt sich die Zukunftsperspektive einer Gesellschaft.“ Mit Blick auf den Journalistenpreis, der an diesem Abend zum 24. Mal vergeben wurde, lobte Appel die hohe Sensibilität, mit der sich Journalisten den sozialen Fragen unserer Gesellschaft zuwenden: „Mit ihren Veröffentlichungen schärfen sie den Blick für offene und versteckte Nöte ebenso wie für couragiertes, Beispiel gebendes Handeln.“

Caritas-Journalistenpreis würdigt herausragende publizistische Leistungen

Sie halten den Sinn für die sozialen Anliegen in der Gesellschaft wach – dafür wur-den drei Journalisten, ein Fotograf und eine Zeitungsredaktion mit dem 24. Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Den mit 3.000 Euro dotierten ersten Preis des Wettbewerbs erhielt Edgar Rehberger von der Cannstatter Zeitung. In seiner elfteiligen Serie „Demenz – Kampf gegen das Vergessen“ beleuchtet er umfangreich und sachlich die Krankheit. Er stellt Betroffene und ihre Angehörigen auf sympathische Weise vor und schafft so ein breites Verständnis.

Den zweiten Preis mit einem Preisgeld von 1.000 Euro teilen sich die Zeitungsjournalistin Kathrin Haasis von der Stuttgarter Zeitung und der freie Fotograf Heinz Heiss. Mit dem Projekt „Frauen im Schatten“ haben die beiden 14 Bewohnerinnen der Frauenpension in Stuttgart-Bad Cannstatt in protokollartigen Lebensläufen und mit Bildern porträtiert. Diese Porträts gaben den Frauen die Gelegenheit, über sich und ihre erschütternden Schicksale zu reden.

Ebenfalls mit einem zweiten Preis ausgezeichnet wurde Christopher Paul für seinen Film „Zwischen Kosovo und Gomaringen. Ein Dorf kämpft für drei Flüchtlingskinder“. Hier erzählt der SWR-Filmemacher die Geschichte dreier Flüchtlingskinder aus dem Kosovo, die mit ihrer Familie in Gomaringen auf der Schwäbischen Alb Zuflucht fanden und wieder in ihre alte Heimat zurückkehren mussten. Das Thema Asyl und Abschiebung wird konkret und erhält Gesicht und Stimme.

Mit einer „Lobenden Erwähnung“ wurde die Ulmer Lokalredaktion der Südwestpresse für ihre 14-teilige Serie „Ehrenamt“ ausgezeichnet. Damit unterstreicht die Redaktion, dass Menschen nach wie vor bereit sind, sich für andere einzusetzen und das Ehrenamt alle Beteiligten als Gewinner hervorgehen lässt.

Der fünfköpfigen unabhängigen Jury aus Fachjournalisten lagen 52 Beiträge aus Presse, Hörfunk und Fernsehen vor.

Als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche vertritt die Caritas in Baden-Württemberg über 3.900 Einrichtungen mit mehr als 180.000 Plätzen in unterschiedlichen Hilfefeldern, in denen 59.000 Mitarbeiter/innen tätig sind.

Kontakt:
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Eva-Maria Bolay
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bolay@caritas-dicvrs.de
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