Die Politik hat das Problem mit verursacht sie ist in der Pflicht

Ärzte und Pflegekräfte fehlen der Mangel verschärft sich

(NL/6961770737) Berlin, d. 6. November 2012. Der Mangel an Ärzten und inzwischen auch Pflegekräften ist schon heute eines der größten Probleme für stationäre Gesundheitseinrichtungen. Die Manager in den Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken bestätigten das in einer repräsentativen Umfrage des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). Befragt wurden rund 1.800 VKD-Mitglieder zum Ärzte- und Pflegepersonalmangel in ihren Kliniken sowie zu dessen qualitativer Bewertung. Die Befragung ist Teil einer Studie zur Finanzlage der deutschen Krankenhäuser. Die Rücklaufquote betrug über 30 Prozent .Die Ergebnisse sind damit repräsentativ.

Drei Fragenkomplexe beschäftigten sich mit dem Thema Personalmangel:
Wie schwierig sind Stellenbesetzungen im ärztlichen Dienst?
Diese erste Frage beantworteten 93 Prozent der Manager von Allgemeinkrankenhäusern mit sehr schwierig und schwierig. Lediglich sieben Prozent hatten damit bisher keine Probleme.
Bei den Antworten aus den Rehabilitationskliniken lagen diese Anteile bei 95 Prozent (davon 44 Prozent sehr schwierig) und fünf Prozent. Aber auch Fachkrankenhäuser und psychiatrische Krankenhäuser verwiesen mit je 33 Prozent auf größere Schwierigkeiten. Die Situation in den Universitätskliniken ist erwartungsgemäß etwas entspannter. Hier haben 57 Prozent keine Probleme mit Stellenbesetzungen im ärztlichen Bereich.
Unter den 37 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser mit einer sehr schwierigen Besetzungssituation sind sehr viele Häuser mit weniger als 250 Betten. Ihr Anteil an der Bewertung mit sehr schwierig betrug 49 Prozent. Krankenhäuser mittlerer Größe gaben zu 39 Prozent an, dass die Besetzungssituation sehr schwierig sei. Große Krankenhäuser über 500 Betten sowie Universitätskliniken haben es dagegen etwas leichter, ärztliche Stellen zu besetzen. Aus dieser Gruppe gaben nur 20 Prozent an, große Schwierigkeiten damit zu haben.
Werden Ärzten überwiegend oder teilweise übertarifliche Vergütungen gezahlt?
Um Stellen besser zu besetzen, könnte ein Ansatz in der Höhe der Vergütung liegen. Doch obwohl 37 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser die Besetzungssituation im ärztlichen Dienst als sehr schwierig bewerteten, zahlen nur 13 Prozent ihren Ärzten überwiegend übertarifliche Gehälter. Das ist ein deutlicher Hinweis auf die angespannte Finanzlage der Häuser. Denn immerhin rund 46 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser (ohne Fachkrankenhäuser, einschließlich Universitätskliniken) erwarteten im ersten Teil der Umfrage bis Ende 2012 ein Defizit.
Übertarifliche Gehälter werden von 34 Prozent der Rehakliniken bezahlt. Hier lag der Anteil der Einrichtungen, die ihre Besetzungssituation als sehr schwierig bewerteten, bei 44 Prozent.
Auch für die Universitätskliniken stellt sich die Situation zunehmend schwieriger dar. Hauptprobleme sind zum einen zunehmende Forderungen von Fachärzten nach außertariflichen Vergütungen und zum anderen Mangel an Operations- und Anästhesiepflegekräften.
Wie schwierig ist die Besetzung von Stellen im Pflegedienst?
Aufschlussreich waren auch die Angaben zur Stellenbesetzung im Pflegedienst. Während hier die Allgemeinkrankenhäuser nur zu 14 Prozent mit sehr schwierig antworteten, lag dieser Anteil bei den Fachkrankenhäusern mit 27 Prozent und den Universitätskliniken mit 21 Prozent deutlich höher. Bei den Rehakliniken gaben 20 Prozent der Befragten an, dass es sehr schwierig sei, Pflegekräfte zu finden, 30 Prozent allerdings hatten keinerlei Probleme. Ähnlich stellte sich die Situation auch bei den Allgemeinkrankenhäusern dar, die ebenfalls zu rund 30 Prozent bisher keine Probleme sahen. Dagegen gaben nur 14 Prozent der Befragten aus den Universitätskliniken an, problemlos Stellen im Pflegedienst besetzen zu können.
Kritische Marke erreicht
Die Umfrage zeigt deutlich, dass der Ärztemangel in Allgemeinkrankenhäusern (ohne Fachkrankenhäuser) mittlerweile eine kritische Marke erreicht hat, wobei gerade kleine Krankenhäuser überproportional betroffen sind. Sehr stark betrifft das Problem auch die Rehabilitationskliniken. Die Fachkrankenhäuser und Universitätskliniken verzeichnen dagegen eher einen Pflegekräftemangel, den die Allgemeinkrankenhäusern und Rehakliniken bisher in weit geringerem Maße spüren.
Die Trends jedoch sind eindeutig, so die Einschätzung von VKD-Präsident Dr. Josef Düllings. Es müssen immer mehr ältere Menschen medizinisch und pflegerisch versorgt werden. Es stehen dafür aber immer weniger vor allem jüngere Mitarbeiter zur Verfügung. In den kommenden Jahren ist daher nach Einschätzung des VKD mit einer Verschärfung der Personalsituation in den Krankenhäusern, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen zu rechnen wenn dem nichts entgegengesetzt wird. Denn eine weitere Verschärfung des Problems ist nicht schicksalhaft. Sie kann durch kluge Entscheidungen in der Gegenwart auch auf politischer Ebene positiv beeinflusst werden!
Primär politisch verursachtes Problem
In den Krankenhäusern wird bereits viel dafür getan, Ärzten und Pflegenden ein attraktives, familienfreundliches Berufsumfeld zu schaffen. Das sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass zumindest der Ärztemangel ein primär politisch verursachtes Problem ist. So haben Bund und Länder vor zehn Jahren die Studienkapazitäten für Medizin um rund zehn Prozent reduziert. Die Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie führte in den Krankenhäusern nach Berechnungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zu einem Mehrbedarf von 27.000 Ärzten. Daher ist die Politik auch aufgefordert, sich an der Lösung dieses Problems zu beteiligen.
Empfehlungen an die Politik
Bund und Länder sollten die Studienplatzkapazitäten um mindestens zehn Prozent wieder anheben. Der Numerus Clausus als Eingangsvoraussetzung sollte ergänzt werden durch gleichwertige Kriterien, die mehr an der Praxis der Medizin orientiert sind.

Bund und Länder sollten darüber hinaus deutlich mehr Programme auflegen und fördern, die eine fachliche, sprachliche und kulturelle Integration von ausländischen Ärzten und Pflegenden unterstützen. Zu fördern wären vor allem Menschen, die zur Aus- und Weiterbildung nach Deutschland kommen. Für sie sollte es auch großzügigere Regelungen, für eine spätere Weiterbeschäftigung in Deutschland geben.

Wichtig wäre eine Harmonisierung der heute noch nach Bundesländern unterschiedlichen Antragsverfahren für ausländische Ärzte und Pflegende. Aufnahme und Wechsel der Beschäftigung in Krankenhäusern, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen zwischen den Bundesländern müssen komplikationslos und ohne zeitlichen Verzug möglich ein.

In der Bevölkerung wird Ärzten und Pflegenden eine hohe Wertschätzung entgegengebracht. Diese sollte sich auch in den Regelungen zur Krankenhausfinanzierung niederschlagen. Eine zukunftsfeste Krankenhausversorgung braucht mindestens eine verlässliche, nicht nur teilweise, sondern volle Refinanzierung der Tarifentwicklung.

Aufgrund gesetzlicher Einschränkungen können die Krankenhäuser derzeit in keinem Bereich eine Refinanzierung ihrer Kosten über die Preise und ebenso wenig über die Mengen erreichen. Dies gilt für Tarif und Sachkostensteigerungen. Dies gilt auch für Personalkostensteigerungen zur Versorgung zusätzlicher Patienten (Kollektivhaftung durch Absenkung des Landesbasisfallwertes). Dies gilt ebenfalls, weil in den Jahren 2013 und 2014 vereinbarte Mehrleistungen eines Krankenhauses mit zusätzlichen Abschlägen von jeweils 25 Prozent bestraft werden. Dies gilt ebenfalls für Investitionskosten. Die Investitionsförderung der Länder wurde seit den 90er Jahren immer weiter reduziert. Heute sind die Krankenhäuser im investiven Bereich jährlich um mehr als zwei Mrd. Euro unterfinanziert.

Die finanzielle Auszehrung schlägt sich in hohem Maße in der Personalsituation nieder.
Der Gesetzgeber muss handeln!
Die Neuregelungen zur Krankenhausfinanzierung greifen zu kurz. Der VKD fordert die Bundesregierung daher auf, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, der folgende Lösungen vorsieht:
* Die Kollektivhaftung der Krankenhäuser bei der Ermittlung des Landesbasisfallwertes ist abzuschaffen oder soweit zu modifizieren, dass ein gut geführtes Haus in der Fläche auch ohne Leistungssteigerungen eine gesicherte Finanzierungsbasis hat.
* Der neu eingeführte Orientierungswert für Krankenhäuser ist in seiner jetzigen Form eine Fehlkonstruktion. Er muss so gestaltet werden, dass er mindestens eine verlässliche und volle Refinanzierung der Tarifentwicklung gewährleistet.
* Angesichts ihrer Letztverantwortung, die die Krankenhäuser vielfach auch in der ambulanten Versorgung von Patienten wahrnehmen müssen, ist nicht nachvollziehbar, dass für den niedergelassenen Bereich in 2013 rund 1,4 Mrd. Euro mehr bereit gestellt werden, während es für den gesamten Krankenhausbereich zusätzliche Finanzmittel nur im unteren dreistelligen Millionenbereich gibt. Auch dies muss korrigiert werden.

Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD) vertritt mit rund 2.600 Mitgliedern das Management fast aller deutschen Krankenhäuser einschließlich der Rehabilitationskliniken und Pflegeeinrichtungen. Er versteht sich als Ansprechpartner insbesondere in Fragen der Krankenhauspraxis und des Klinikmanagements. www.vkd-online.de

Kontakt:
Universitätsklinikum Aachen
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