Berufsrechtsbarometer 2013

Rechtsanwälte blicken mit gemischten Gefühlen auf elektronischen Rechtsverkehr

Berufsrechtsbarometer 2013

Dr. Matthias Kilian

Düsseldorf, 11. Juni 2013 – Rechtsanwälte bewerten das sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindende „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs“ sehr unterschiedlich. Dies berichtete Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, aus Anlass der Vorstellung des „Berufsrechtsbarometers 2013“ auf dem 64. Deutschen Anwaltstag.

Die Umstellung der Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und Gerichten auf ein elektronisches Anwaltspostfach lehnen 51 % der Rechtsanwälte, die sich zu dieser Frage bereits eine Meinung gebildet haben, ab. 49% begrüßen die Einführung einer solchen Form der elektronischen Kommunikation mit der Justiz. 39 % der Befragten sprechen sich gegen die geplante Abschaffung von anwaltlichen Empfangsbekenntnissen in Papierform aus. Die Idee des Gesetzgebers, dass computergestützt automatische Empfangsbekenntnisse erstellt werden, unterstützt nur jeder zehnte Rechtsanwalt. Dr. Matthias Kilian zu den Ergebnissen: „Deutlich wird, dass viele Rechtsanwälte sich damit schwer tun, die Kontrolle ihrer Fristen aus der Hand zu geben. Deshalb werden automatisierte Zugangsnachweise von 90% der Anwälte abgelehnt.“

Die generelle Einstellung pro und contra elektronischer Rechtsverkehr ist keine Altersfrage. „In manchen Punkten sind ältere Rechtsanwälte sogar aufgeschlossener als jüngere Kollegen. Entscheidend ist vor allem die Größe einer Kanzlei und die bereits erfolgende Nutzung von qualifizierten elektronischen Signaturen“, so Kilian. Rechtsanwälte aus Kleinkanzleien lehnen die geplante Stärkung des elektronischen Rechtsverkehrs deutlich häufiger ab als ihre Kollegen aus größeren Sozietäten. Dies beruht nicht zuletzt auf dem Umstellungsaufwand, den der elektronische Rechtsverkehr mit sich bringen wird: 43 % der Befragten halten den für ihre Kanzlei notwendigen Aufwand für sehr hoch oder hoch. Nur 21 % prognostizieren einen niedrigen oder sehr niedrigen Aufwand. Das Resümee der Kölner Berufsforscher: „Für kleine Kanzleien und insbesondere für die große Gruppe der Einzelanwälte, die nebenberuflich oder in Teilzeit anwaltlich tätig ist, wird die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs häufig mit erheblichen Belastungen einher gehen – nicht jede Kanzlei verfügt bereits über die notwendige IT und entsprechendes kanzleiinternes Know-How.“

Die Befragung erfolgte im Rahmen einer Studie, für die bundesweit mehr als 1.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu aktuellen Reformthemen des anwaltlichen Berufsrechts befragt worden sind.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen voraussichtlich ab 2016 über sichere elektronische Postfächer, die die Bundesrechtsanwaltskammer einrichten wird, für Gerichte elektronisch erreichbar sein. Ab 2018 sollen dann alle deutschen Gerichte am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen müssen und spätestens ab 2022 soll die elektronische Kommunikation zwischen Anwaltschaft und Justiz in allen Bundesländern verpflichtend sein. Der Zeitplan steht derzeit noch in der Diskussion.

Über das Soldan Institut
Das Soldan Institut wurde 2002 als unabhängige Forschungseinrichtung gegründet. Ziel des von einem gemeinnützigen Verein getragenen Instituts ist die Erforschung der Strukturentwicklung der Anwaltschaft und der sich hieraus ergebenden Bedingungen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tätigkeit von Anwaltskanzleien. Das Institut betreibt eigene empirische Anwaltsforschung, deren Ergebnisse Rechtsanwälten, Institutionen der deutschen Anwaltschaft, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der gemeinnützige Trägerverein des Instituts wird von der Hans Soldan Stiftung, dem Deutschen Anwaltverein und der Bundesrechtsanwaltskammer unterstützt.

Kontakt
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Weyertal 59
50937 Köln
0221 5481 1123
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