Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne Sachgrund – unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein Beschäftigungsverhältnis bestand

Ein Artikel von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen

Zum Urteil des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg (Urteil vom 26. September 2013 – 6 Sa 28/13 -, juris, ausdrücklich gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts, (BAG, Urteil vom 06. April 2011 – 7 AZR 716/09 -, BAGE 137, 275-291).

Ausgangslage:

Nach dem Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) sind kalendermäßige Befristungen (Befristungen ohne Sachgrund) nur zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor nicht bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

§ 14 TzBfG im Wortlaut:

(1) …
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. …

Nach bisheriger Ansicht ließ dieser eindeutige Wortlaut nur den Schluss zu, dass eine Befristung ohne Sachgrund unwirksam sei, sofern bereits vorher eine Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber bestanden hatte. Daraus ergaben sich jedoch für die Praxis nicht unerhebliche Probleme: Mit jedem Arbeitnehmer, der auch noch so kurzfristig oder geringfügig für den jeweiligen Arbeitgeber tätig war (beispielsweise als Student), war der Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages nicht mehr möglich, worunter beide Parteien gleichermaßen leiden konnten.

Daraufhin entschied das Bundesarbeitsgericht, diese Problematik erkennend, in einem früheren Urteil (BAG, Urteil vom 06. April 2011 – 7 AZR 716/09 -, BAGE 137, 275-291), dass eine länger als drei Jahre zurückliegende Beschäftigung der Wirksamkeit einer Befristung nicht entgegen stehe.

Das Bundesarbeitsgericht:

Der Zweck der Regelung in § 14 Abs. 2 S 2 TzBfG besteht darin, zu verhindern, dass die in § 14 Abs. 2 S 1 TzBfG vorgesehene Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu „Befristungsketten“ missbraucht wird. Zur Verwirklichung dieses Zwecks bedarf es keines lebenslangen Anschlussverbots. Ein solches wäre vielmehr nach dem Normzweck überschießend.

Eine die Wertordnung des Grundgesetzes berücksichtigende „verfassungsorientierte Auslegung“ gebietet ein zeitlich eingeschränktes Verständnis des Verbots der Vorbeschäftigung in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Ein uneingeschränktes Anschlussverbot birgt strukturell die Gefahr, als arbeitsrechtliches Einstellungshindernis die durch Art 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers unverhältnismäßig zu begrenzen (BAG, Urteil vom 06. April 2011 – 7 AZR 716/09 -, BAGE 137, 275-291).

Diese Entscheidung war heftig umstritten, der Streit fand nun also seinen Höhepunkt in dem hier beschriebenen Urteil des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg, das der Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes ausdrücklich widersprach.

Das Landesarbeitsgericht:

Das Gerichthält die Einführung einer zeitlichen Grenzen für unzulässig und verweist dabei in seiner Entscheidung auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 14 TzBfG. Angesichts dessen sei kein Wille des Gesetzgebers zu einer zeitlichen Grenze, wie sie das Bundesarbeitsgericht angenommen hatte, erkennbar, die Rechtsfortbildung des 7. Senates verbiete sich deshalb.
Ein Verstoß des § 14 Abs. 2 Satz 2 gegen Art. 12 GG sieht es zudem deshalb nicht als gegeben an, weil anschließend an eine sachgrundlose Befristung eine Befristung mit Sachgrund noch zulässig sei.

Fazit des LAG: Die erneute Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne Sachgrund (kalendermäßige Befristung) ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein Beschäftigungsverhältnis bestand. Das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG besteht zeitlich uneingeschränkt. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist weder auslegungsfähig noch verfassungskonform auslegungsbedürftig
(Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26. September 2013 – 6 Sa 28/13 -, juris).

Bewertung:

Der Verweis des Gerichtes auf den eindeutigen Gesetzwortlaut erfolgt zu Recht. Mit seiner Rechtsfortbildung nimmt das Bundesarbeitsgericht Aufgaben wahr, die eigentlich in den Zuständigkeitsbereich des Gesetzgebers fallen. Der Entscheidung ist somit zuzustimmen, bleibt abzuwarten und zu hoffen, dass das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung noch einem konkretisiert. Ohne Zweifel ist es notwendig, eine Grenze zu ziehen, denn Konstellationen, in denen eine kurzfristige Beschäftigung als Student die Befristung eines erneuten Arbeitsverhältnisses Jahre später verhindert, sollten verhindert werden. Der Wortlaut des Gesetzes lässt wiederum eine generelle Zeitgrenze von drei Jahren auch nicht als sachgemäß erscheinen.
Hier wäre eine klarstellende Regelung durch den Gesetzgeber hilfreich, um die Gerichte in dieser Frage zu entlasten.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Arbeitnehmern ist zu raten, die Befristung ihres Arbeitsvertrages in jedem Fall überprüfen zu lassen, soweit hier Zweifel bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn befristete Arbeitsverträge über einen längeren Zeitraum oder mit häufigen Verlängerungen geschlossen werden. Sofern keine Einhaltung der strengen Voraussetzungen gegeben ist, wird sich der Arbeitnehmer erfolgreich auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis berufen können.
Unbedingt ist zu beachten, dass in der Regel nur das letzte befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnis auf die Wirksamkeit der Befristung geprüft wird und dass die Frist für die Befristungskontrollklage eingehalten wird. Drei Wochen nach dem vorgesehenen Ende des Arbeitsverhältnisses muss die Klage auf Entfristung beim zuständigen Arbeitsgericht eingegangen sein. Allgemein empfiehlt es sich, die Klage bereits im laufenden Arbeitsverhältnis einzureichen.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber:

Für Arbeitgeber ist weiterhin Vorsicht geboten, da anzunehmen ist, dass das Bundesarbeitsgericht seine abweichende Rechtsprechung bestätigen wird.
Abgesehen davon, sollten Sie hinsichtlich der Formulierung eines befristeten Arbeitsvertrages Sorgfalt walten lassen und ggf. vorher rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Es droht stets die Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, wenn die Anforderungen aus Gesetz und Rechtsprechung nicht (ordnungsgemäß) eingehalten werden. Eine Kündigung des Arbeitnehmers ist dann bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nur noch erschwert möglich.

10.12.2013

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