Baurecht: Prüfbarkeit der Schlussrechnung und Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs bei Schlussrechnungslegung

von Rechtsanwalt Michael M. Zmuda, Wollmann & Partner GbR, Berlin

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat sich in seiner Berufungsentscheidung (Urteil vom 25.01.2012, Az.: 4 U 7/10) mit den Anforderungen an die Rüge der Prüfbarkeit einer Schlussrechnung sowie den Anforderungen für die Annahme eines Verzichts einer vertraglich vereinbarten förmlichen Abnahme befasst. Diese Fragen sind für Verbraucher und Gewerbetreibende sehr wichtig.

Im Leitsatz des OLG Brandenburg heißt es hierzu:

„Eine ausreichende Beanstandung der Prüfbarkeit liegt nur vor, wenn der Auftraggeber hinreichend deutlich macht, dass er nicht bereit ist, in die sachliche Auseinandersetzung einzutreten, solange er keine prüfbare Rechnung erhalten hat.

Vereinbaren die Parteien eine förmliche Abnahme und rügt der Auftraggeber vor Abnahme gravierende Mängel, kann ohne das Vorliegen weiterer Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass der Auftraggeber vom Erfordernis einer förmlichen Abnahme Abstand nehmen will.“

Der Entscheidung lag folgender vereinfachter Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger und die Beklagte schlossen einen Bauvertrag über die Modernisierung und Instandsetzung von zehn Wohnungen unter Einbeziehung der VOB/B und Vereinbarung einer förmlichen Abnahme.

Noch vor Fertigstellung der vertraglich geschuldeten Leistungen rügte die Beklagte gegenüber dem Kläger diverse – erhebliche – Mängel, die von dem Kläger im weiteren Verlauf der Vertragsdurchführung nicht beseitigt worden sind. Im Oktober 2007 stellte der Kläger seine Arbeiten ein, ohne die vertraglich geschuldeten Leistungen fertig gestellt oder nachgebessert zu haben. Im November 2007 übersandte der Kläger der Beklagten seine Schlussrechnung. Eine förmliche Abnahme hat nicht stattgefunden.

Eine ausdrückliche Rüge der Prüfbarkeit erfolgte seitens der Beklagten innerhalb der zweimonatigen Prüffrist gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 S. 2 VOB/B nicht. Die Beklagte wies in einem ihrer Schreiben lediglich darauf hin, dass aus ihrer Sicht die Fälligkeitsvoraussetzungen nicht vorlegen, weil die Schlussrechnung wegen der Lage des Objekts im Sanierungsgebiet eine detaillierte Auflistung hätte beinhalten müssen. Konkrete Einwendungen hinsichtlich der Prüfbarkeit der Schlussrechnung erfolgten indes nicht.

Der Kläger vertrat erstinstanzlich und im Berufungsverfahren die Ansicht, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen seines Vergütungsanspruchs erfüllt seien. Die Beklagte habe auf die vertraglich vereinbarte förmliche Abnahme verzichtet, weil sie in Ansehung der Schlussrechnung keine Abnahme verlangt hat.

Die Beklagte vertrat demgegenüber sowohl erstinstanzlich wie auch im Berufungsverfahren die Auffassung, dass die Schlussrechnung mangels Prüffähigkeit sowie erforderlicher förmlicher Abnahme nicht fällig sei.

Das Landgericht Potsdam wies die Klage als zur Zeit unbegründet zurück.

Das OLG Brandenburg bestätigte in seinem Berufungsurteil die Entscheidung des Landgerichts Potsdam.

Gleichwohl kommt das OLG Brandenburg – entgegen der Auffassung des Landgerichts Potsdam – zunächst zu dem Ergebnis, dass die Beklagte mit dem Einwand der fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung nicht gehört werden kann.

Denn ein pauschaler Verweis darauf, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen im Einzelfall nicht vorliegen, ist für die Begründung der fehlenden Prüffähigkeit einer Schlussrechnung grundsätzlich nicht ausreichend. Um als ausreichende Beanstandung der Prüffähigkeit angesehen werden zu können, müssen die vom Auftraggeber erhobenen Rügen dem Auftragnehmer verdeutlichen, dass er nicht bereit ist, in die sachliche Auseinandersetzung einzutreten, solange er keine prüffähige Rechnung erhalten hat. Der bloße Hinweis – ohne Bezug zur Prüffähigkeit selbst -, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen wegen einer fehlenden Auflistung nicht gegeben seien, ist hierfür grundsätzlich nicht ausreichend.

Der Vergütungsanspruch des Klägers ist nach Auffassung des OLG Brandenburg jedoch mangels Abnahme nicht fällig.

Entgegen der Auffassung des Klägers konnte ein Verzicht auf die vertraglich vereinbarte förmliche Abnahme nicht angenommen werden, da es jedenfalls an einem Verhalten der Parteien fehlte, aus dem ein Verzicht hätte abgeleitet werden können.

Erfolgt seitens des Auftraggebers eine Mängelrüge und wird ohne Mängelbeseitigung sogleich die Schlussrechnung gestellt, so kann aus dem fehlenden Verlangen des Auftraggebers nach einer förmlichen Abnahme nicht auf einen Verzichtswillen hinsichtlich der vertraglich vereinbarten förmlichen Abnahme geschlossen werden.

Erforderlich ist insoweit, dass der Auftraggeber durch sein Verhalten unmissverständlich zum Ausdruck bringt, das Werk des Klägers als im Wesentlichen vertragsgemäß entgegenzunehmen und auf das Erfordernis der förmlichen Abnahme deshalb zu verzichten.

Rechtsanwalt Zmuda von Wollmann & Partner GbR hierzu: „Die Entscheidung macht deutlich, welche Bedeutung der Prüfbarkeit der Schlussrechnung und der Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs zukommt. Ohne Fälligkeit ist der Vergütungsanspruch nicht durchsetzbar!

Der Auftragnehmer muss beachten, dass der zwar grundsätzlich mögliche konkludente Verzicht auf die vertraglich vereinbarte förmliche Abnahme jedenfalls dann nicht angenommen werden kann, wenn der Auftraggeber erhebliche Mängel gerügt hat. Der Auftragnehmer sollte bei Mängelrügen des Auftraggebers nicht darauf vertrauen, dass mangels Abnahmeverlangens, insbesondere auch nach Schlussrechnungslegung, ohne Weiteres von einem Verzicht auf die förmliche Abnahme auszugehen ist. Der Auftragnehmer sollte vielmehr die Berechtigung der Mängelrüge prüfen, erforderlichenfalls nachbessern und dann seinerseits auf die förmliche Abnahme bestehen, um seinen Vergütungsanspruch fällig zu stellen.

Der Auftraggeber muss demgegenüber darauf achten, dass er binnen der Prüfungsfrist gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 S. 2 VOB/B die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ordnungsgemäß, d. h. unter sorgfältiger Benennung der der Prüfbarkeit im Einzelnen konkret entgegenstehenden Gründe, rügt. Denn pauschale Rügen oder abstrakte Hinweise sind grundsätzlich nicht ausreichend. In diesem Zusammenhang sei noch mal ergänzend darauf verwiesen, dass ein Untätigbleiben des Auftraggebers während der zweimonatigen Prüfungsfrist selbst dann zum Ausschluss des Einwandes der fehlenden Prüfbarkeit führt, wenn die Schlussrechnung objektiv tatsächlich nicht prüfbar ist (BGH, Urteil vom 23.09.2004, VII ZR 173/03, IBR 2006, 128).“

Michael M. Zmuda
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