Auch Wilhelmshorst wehrt sich gegen Fluglärm

Minister Vogelsänger verweigert Gespräch mit Demonstranten

Erst protestierten Werder und Schwielowsee, jetzt erwachen Michendorf und Nuthetal: Der drohende Fluglärm treibt immer mehr Bürger auf die Strassen, die um ihre Ruhe, Heimat und Zukunft fürchten. Rund 450 Fluglärmgegner aus den Havelseegemeinden fanden sich am Dienstagabend in Wilhelmshorst ein, um Brandenburgs Minister Jörg Vogelsänger (SPD) mit Pfiffen und Buhrufen zu empfangen. Es war eine der größten Demonstrationen, die die Gemeinde jemals gesehen hat. Und für die veranstaltende Bürgerinitiative war dies nur der Auftakt, um sich gegen das Damoklesschwert von täglich über 200 anfliegenden Jumbos im Tiefflug zu wehren.

Minister Vogelsänger war zu einer Veranstaltung der örtlichen SPD gekommen, um über die Bahnsanierung Richtung Berlin zu reden. „Dass allein dieses Thema auf der Tagesordnung stand und nicht das weitaus dringendere Thema Fluglärm, steht beispielhaft für das Versagen der zuständigen Orts-Politiker, sich um das Wohl ihrer Bürger zu kümmern und Schaden von der Region abzuwenden“, so der Sprecher der Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“ Peter Kreilinger. Wenn Minister Vogelsänger seine Verantwortung leugnet und jeden Termin zum Thema Fluglärm verweigert, dann müssen wir ihn eben bei anderer Gelegenheit stellen“, begründete er das „Kapern“ der Veranstaltung.

Die Demonstration sollte den Minister daran erinnern, dass die Havelseen nicht „Freiwild“ für die Flugroutenpläne sind und die Bürger es nicht länger hinnehmen, dass ihren Bürgermeistern bis heute der Zugang zur Fluglärmkommission verweigert wird. Vogelsänger hatte den Gemeinden Nuthetal, Michendorf, Werder und Schwielowsee wiederholt einen Sitz in der FLK verweigert, obwohl die Gemeinden teilweise unter 1.000 Metern überflogen werden und den Havelseegemeinden gerade bei Anflügen massive Lärmlasten drohen. Nach aktuellen Plänen der deutschen Flugsicherung (DFS) soll die zentrale Zuführung in den Nordbahnanflug mitten über die Wohngebiete der Havelseegemeinden und die staatlich anerkannten Erholungsorte Werder und Schwielowsee mit etwa 55.000 Einwohnern und nochmals so vielen Touristen geführt werden. Auch auf die Verantwortung für die zahlreichen genehmigten Nachtflüge wollte man hinweisen.

Die Bürgerinitiative sprach von einem großartigen Erfolg: „Die Aufstand der Bürger zeigt, dass sich die Region dagegen wehrt, dass der Berliner Großflughafen BBI zur rücksichtslosen Verlärmung der ganzen Havelseenregion führt. Die Menschen hier sind zu Recht überzeugt, dass es Alternativen zu den geplanten Anflugrouten gibt. Und sie haben den Eindruck, dass nichts für sie getan wird und man ihre Sorgen nicht ernst nimmt. Diese Ignoranz der Politik, insbesondere die Verweigerung von Vogelsänger und Platzeck, sich dem Thema zu stellen und ebenso deutlich für die Brandenburger einzutreten wie Klaus Wowereit das in Sachen Flugrouten für Berlin tut, macht die Menschen wütend und treibt sie auf die Straße“, so Kreiliger.

Die nahezu hysterische Reaktion der örtlichen SPD und die Verweigerung Vogelsängers, mit den Demonstranten zu reden, zeige, dass die politisch Verantwortlichen genau wüssten, was man den Menschen hier zumute. Den ganzen Tag über hatten die Büros von Vogelsänger und der lokalen Landtagsabgeordneten Susanne Melior (SPD) erfolglos versucht, die angemeldete Demonstration wenigstens vom Veranstaltungsort fern zu halten. Demonstrierende Kinder, die ihren Unmut deutlich artikulierten, wurden von Melior mit ausgestrecktem Zeigefinger und „wir sehen uns noch“ eingeschüchtert. Um zu verhindern, dass Vogelsänger sich nach der eigentlichen Veranstaltung nochmals den Demonstranten stellen musste, erzwang eine Gemeinde-Vertreterin die Räumung des Veranstaltungsgeländes.

„Die Menschen hier werden nicht vergessen, wie man mit ihnen umgeht. Es ist aberwitzig, wenn sich der Minister um 18.00 Uhr auf einer Veranstaltung vom Lärm einer Demonstration gestört fühlt, der deutlich unter dem liegt, was er den Menschen der Region Nacht für Nacht an Fluglärm in ihren Schlafzimmern zumuten will. Statt Vogelsänger müsste der Minister eigentlich Düsenklänger heißen“, so Kreilinger.
„Die Bürger der Region werden nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen, wenn nichts für sie getan wird. Man kann sich vielleicht einen Abend verschanzen und dem Gespräch verweigern. Auf Dauer aber wird das nicht gut gehen“, sagte Unternehmer Johannes Haape, der die Aktion mit einem gecharterten Bus unterstützte. „Es ist doch aberwitzig, dass jetzt genau die Menschen, die im Vertrauen auf die Versprechungen der Politik aus der Großstadt weggezogen sind, um es besonders ruhig zu haben, unter der zentralen Einflugschneise liegen sollen.“

Die Bürgerinitiative Fluglärmfreie Havelseen sind aktive Bürger aus Werder, Schwielowsee, Nuthetal und Michendorf, die mit großer Sorge die Routenplanungen zu BBI verfolgen. Unsere Bürgerinitiative wurde am 4.11.2010 offiziell gegründet und hat mit Stand April 2011 ca. 400 eingeschriebene Mitglieder. Unsere BI ist überparteilich. Wir wollen in enger Zusammenarbeit mit unseren kommunalen Spitzen und allen politischen Amts- und Funktionsträgern unserer Region für Ruhe und saubere Luft über unseren Köpfen sowie eine möglichst verträgliche Flugroutenführung kämpfen.

Bürgerinitiative Fluglärmfreie Havelseen
Peter Kreilinger
Spitzbubenweg 34
14548 Schwielowsee
mail@fluglaermfreie-havelseen.de
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http://www.fluglaermfreie-havelseen.de